Braunfels: Uhu-Brut 2009

2009 brütete das Uhu-Paar erneut im Braunfelser Schloss. Interressanterweise verlief in diesem zweiten Brutjahr der Uhus vieles anders. Das Uhu-weibchen war deutlich gelassener, die Mutter-Kind-Bindung wesentlich lockerer.
Ich hatte mir vorgenommen, mein 2008 begonnenes Uhu-Portfolio um weitere Aspekte zu ergänzen. Dies ist mir zum Teil gelungen, wenn auch wegen der teilweise extrem schlechten Lichtbedingungen qualitative Abstriche in Kauf genommen werden mussten. Leider sind dann auch gänzlich neue Motive hinzugekommen, die ich mir so niemals gewünscht hätte…
..und die die Notwendigkeit der Naturschutzarbeit vor Ort, welche in Braunfels u.a. von dem Arbeitskreis Natur und Umwelt (AGNU) mit viel Engagement betrieben wird, unterstreichen.
Insbesondere möchte ich erneut dem Schlossherrn Graf von Oppersdorff und dem „unermüdlichen Uhu-Betreuer“ Bernd Rosenkranz für Ihre Unterstützung ganz herzlich danken.
Ohne sie wäre dieses Portfolio nicht zu realisieren gewesen.

  • Kuschelstunde - Bereits im Februar ist das Uhu-Pärchen des vergangenen Jahres häufig am Schloss Braunfels anzutreffen, gern in altem Baumbestand, bei schlechtem Wetter auch in den geschützten, trockenen Fensternischen des Schlosses. Dass das Pärchen, wie hier fotografiert, in einer Nische den Tageseinstand gemeinsam verbringt, ist die Ausnahme. Insgesamt ist die Balz in diesem Jahr, zu mindestens im Bereich des Schlosses, wesentlich weniger intensiv, vor allem leiser.
  • Schöne Aussicht - Februar 2009: Auch die Uhus genießen die ersten sonnigen Stunden des neuen Jahres. Im Gegensatz zum Vorjahr sind sie weniger "heimlich". Ihre Anwesenheit wird zwar weiterhin lautstark von Krähen und Dohlen begleitet, Attacken werden jedoch während der gesamten Brutzeit nicht mehr beobachtet. Die Uhus haben sich wohl größeren Respekt verschafft.
  • Das Uhu-Weibchen an der Bruthöhle - Ende März zieht sich das Uhu-Weibchen wieder in die gleiche Bruthöhle wie im vergangenen Jahr zurück. Da die Bruthöhle im hinteren Teil nicht einsehbar ist, bleiben die Beobachtungen zunächst wenig ergiebig. Ab Ende April kann man die Anwesenheit der Jung-Uhus erahnen.
  • Ist da jemand? - Ab Mitte Mai sind die beiden Jungvögel gelegentlich in dem einsehbaren Bereich der Bruthöhle zu sehen. Bei Einbruch der Dämmerung beginnen sie mit krächzenden Bettellauten die Uhu-Mutter anzulocken, wie hier beim rechten Jung-Uhu zu sehen. Später betteln sie auch tagsüber.
  • Was guckst du? - Im Mai rücken die Jungen immer weiter an den Höhlenrand vor. Während sich die Uhu-Mutter letztes Jahr in dieser Phase fast ausschließlich bei den Jungen aufhielt, sind die Jungen dieses Jahr überwiegend allein. Dies hat sicher Einfluss auf ihre frühere und größere Selbstständigkeit.
  • Warten auf Mama - Die meiste Zeit hält sich die Uhu-Mutter tagsüber in den umliegenden Bäumen auf.
  • Zu Tisch - Das Warten hat ein Ende. Normalerweise fliegt das Alttier mit dem Futter sofort in den hinteren Höhlenbereich. Am 22.05. dann die große Ausnahme: ein Igel wird vor "versteckter Kamera" verfüttert.
  • Immer her damit… - Aus Sicherheitsgründen schließt das Weibchen während des Fütterns die Augen. Die Hauptnahrung besteht wohl zu 80 Prozent aus Igeln, gefolgt von Tauben und Dohlen. Einmal wird die Fütterung einer Ratte und eines Kaninchens von Fotografen beobachtet. Größere Tiere als diese werden nicht verfüttert.
  • Und tschüss... - ...und wieder sind die Jungen für Stunden allein zu Haus.
  • Übung macht den Meister - Ende Mai / Anfang Juni werden die Jung-Uhus zunehmend aktiv.
  • Zwei "Halbstarke" - Im Juni springen die Jungen, noch flugunfähig, dann aus dem Nest. Einer marschiert gleich los, und muss an einer öffentlichen Straße eingefangen und in den geschützten Bereich zurückgebracht werden. Die Uhu-Mutter muss nicht mehr, wie letztes Jahr, das Futter zerlegen und anreichen: Im Gegenteil, sie wird nach Futterabgabe von den Jungen aggressiv vertrieben. Nach ca. 3 Wochen sind die Jungen flugfähig und beginnen, die unmittelbare Gegend zu erkunden. Jetzt reifen auch die typischen "Federohren " heran. Diese haben allerdings nichts mit den Hörorganen zu tun.
  • Herzliche Begrüßung - Die Jung-Uhus erkunden zunehmend ihren Lebensraum. Doch immer, wenn sie sich begegnen, sind sie sehr herzlich und liebevoll miteinander.
  • Majestätisch - In diesem Jahr kann sich das Uhu-Männchen unangefochten ein morgendliches Sonnenbad leisten. Spätestens um 9.30 Uhr fliegt es dann in seinen schattigen Tageseinstand.
  • Nächtliche Begegnung - Mitte Juli dann meine Uhu-Begegnung der besonderen Art… - Das Uhu-Männchen sitzt spätabends auf dem Dachfirst des Nachbarhauses. Bis ich die Kamera geholt habe, ist es auf Fichten gegenüber geflogen. Das ist das erste Mal, dass der Uhu bei mir zu Hause auftaucht...und, wie sich dann leider wenig später herausstellt, ist dies meine letzte Begegnung mit "unserem" Uhu-Männchen gewesen.
  • Tragischer Tod - .. denn kurz darauf kommt das Uhu-Männchen bei einem nächtlichen Beuteflug an einem Strommast mit nicht isolierten Anschlüssen ums Leben. Der tote Uhu wird Luftlinie 4,6 km vom Schloss entfernt gefunden. Traurig schaut sich Nils Rosenkranz seinen ehemaligen Schlossmitbewohner an.
  • Aussicht auf das Schloss und die Stadt Braunfels - Sofort besetzen die Jung-Uhus die frei gewordene Lieblingsnische des verstorbenen Alttieres. Da das Uhu-Männchen zuvor exklusiv für die Nahrungsbeschaffung zuständig gewesen ist, ist die Prognose für die im Juli noch auf Fütterung angewiesenen Jungtiere zunächst unklar.
  • Das Leben geht weiter - Doch die üblichen abendlichen Bettelrufe ändern sich in der Intensität nicht: Das Uhu-Weibchen hat sofort die Versorgung der Jungen vollständig übernommen.
  • Jung-Uhu im Abflug - Bei Einbruch der Dämmerung verlassen die Jungen ihren jeweiligen Tageseinstand und drehen zunächst ein paar Runden im Schlossbereich. Die Bettelrufe werden immer lauter und gelegentlich kann dann auch das Uhu-Weibchen gesichtet werden.
  • Ein abendliches Lieblingsplätzchen - Gegen Ende August kann erstmals ein erfolgreicher Beuteflug eines Jungtieres von Bernd Rosenkranz am Schloss beobachtet werden. Das Erbeuten einer Dohle, die sich mit einem Fuß im Dach verhakt hatte, wirkt recht routiniert. Vielleicht ist dies doch nicht das erste Mal gewesen...
  • Im Schlossgarten - Im Außenbereich des Schlosses kennen die Jungen nun jeden Winkel.
  • Letztes Licht nach Sonnenuntergang - Immer wieder fliegen sie auch gerne die Fichten am öffentlichen Schlossparkplatz an, wo schon die Eltern gern gesessen haben.
  • Auf der Schlossmauer - 24.07. um 21:33 Uhr -Als nachtaktive Tiere haben Eulen sehr große Augen. Der Augapfel ist bei ihnen so groß, dass in den Augenhöhlen kein Platz mehr für den Augenmuskelapparat bleibt. Deswegen haben Eulen speziell geformte obere Halswirbel, die ihnen eine fast komplette Drehung des Kopfes ermöglichen und hiermit die Starre der Augen ausgleichen.
  • Im Gegenlicht - 24.07. um 21:38 Uhr: Das Geschwisterpaar sitzt für einen kurzen Moment direkt vor einem der Scheinwerfer, die das Schloss anstrahlen.
  • Ich flieg‘ dann mal los - 24.07. um 21:41 Uhr. Ein letzter Blick und dann verschwinden die Jungen in die Umgebung. Oft sind sie im Stadtbereich um den Marktplatz herum zu hören. Sie scheinen ihrer Mutter zu folgen.
  • Gut getarnt - Im September werden die Nächte kühler, und die Jungen genießen gelegentlich morgens ein Sonnenbad an den Schlossmauern.
  • Rückzug - Bei zunehmender Aktivität der anderen gefiederten Schlossbewohner verschwinden sie dann in die schützenden Bäume, wo sie ihre Ruhe haben.
  • Begegnung - Für ca. 2-3 Stunden wechseln sich dann Schlafphasen und gewisse Restaktivitäten ab: Für wenige Minuten fliegt ein Jungtier 12 Meter von mir entfernt auf den efeuberankten Boden. Meine Anwesenheit stört die Jungvögel gar nicht mehr.
  • Körperpflege - Auch ausgiebiges Putzen gehört zum Programm. Danach verziehen sie sich entweder in die Bäume und werden "unsichtbar" oder fliegen bei schlechtem Wetter in geschützte Nischen des Schlosses.
  • Uhu-Feder als Zeuge - Am 19.09. dann der nächste Schock: Erneut wird ein toter Uhu, wohl ein größeres Weibchen, wieder an einem Strommast bei Braunfels-Altenkirchen gefunden, 5,5 km Luftlinie entfernt zum Schloss. Die Reste der Uhu-Feder können nun erstmalig den Tod durch die fehlende Kabelisolation beweisen. Hierdurch sind nicht nur die Uhus, sondern auch andere "Großvögel", wie auch der im benachbarten Iserbachtal einfliegende Schwarzstorch, bedroht.
  • Strommasten als Todesfallen - Die Dokumentation der Totfunde wird hoffentlich kurzfristig Sicherungsmaßnahmen des Stromanbieters nach sich ziehen. Die Aktivitäten sind bereits eingeleitet (Dank an Herrn R. Fippl vom HGON), Bereitschaft zur Abhilfe wurde vom Stromanbieter EON-Mitte zugesagt.
  • Bleibt die Nische zukünftig „uhufrei“ ... oder doch nicht? - In den zwei Wochen nach dem Totfund wird kein Uhu mehr am Schloss beobachtet. Das Ende der Uhu-Bruten am Schloss scheint besiegelt. - Doch Anfang Oktober taucht "unser" Uhu-Weibchen wieder am Schloss auf. Mit ihr wird ein neues Uhu-Männchen gehört und gesichtet. Ist es der "Witwer" des in Altenkirchen verstorbenen Weibchens? Geht die erfolgreiche Schlossbrut der Uhus weiter? Im Moment weiß dies noch niemand…
  • Opernaufführung am Schloss Braunfels - Ein Nachtrag: Aufbau, Proben, Hunderte von Besuchern des "Barbiers von Sevilla" am 15.08. verschreckten die Jungvögel keineswegs. Tagsüber blieben sie in einer Fensternische und abends drehten sie, wie so häufig, erst einmal unbeirrt ihre Runden um das Schloss. Nicht nur augenzwinkernd kann man bei den Braunfelser Schloss-Uhus schon über den Begriff „Kulturfolger“ nachdenken…